Warum ich fünf Jahre lang auf Geld verzichtete
Raphael Fellmer
Lebensmittelretter und Buchautor
- Ich bestritt meinen Alltag ohne Konto und Kreditkarte
- Viele Ressourcen werden nicht vollständig ausgeschöpft
- Wir sollten bewusster und nachhaltiger konsumieren
Mein Leben ohne Geld begann mit zwei Hochzeiten. Freunde von mir heirateten in Mexiko – und ich machte es mir zum Ziel, diese Reise ohne einen Cent in der Tasche zu bewältigen. Zusammen mit zwei Freunden trampte ich, heuerte auf einem Segelboot an und bot dafür meine Arbeitskraft im Tausch. Elf Monate dauerte es dann schließlich, bis ich die Grenze von Mexiko überquerte. Zum entscheidenden Ja-Wort kam ich zwar zu spät, dennoch hat diese Reise mein Leben nachhaltig verändert.
2010 trat ich in den Geldstreik. Ich entsagte jedem Zahlungsmittel: kein Portemonnaie, kein Bankkonto, keine Kreditkarte. Ich wollte ein Zeichen setzen gegen die Überflussgesellschaft und demonstrieren, wie viel möglich ist – selbst wenn man auf das verzichtet, was scheinbar in unserer Gesellschaft unverzichtbar geworden ist: Geld und Konsum. Das Essen für mich, meine Frau und unsere gemeinsame Tochter besorgte ich nachts aus den Mülltonnen von Bio-Lebensmittelläden, wo massenweise Nahrung weggeschmissen wird, die eigentlich noch bestens zum Verzehr geeignet ist. Nach acht Monaten containern in Berlin habe ich die LebensmittelretterInnen-Bewegung gestartet und die foodsharing.de-Plattform mitinitiiert. Mein Ziel: Lebensmittel zu retten, die die Tafeln nicht abholen und die Kunden nicht mehr kaufen, damit sie doch noch gegessen werden. Das Teilen von zu viel oder falsch Eingekauftem ist mit foodsharing ebenfalls möglich.
Einige Menschen warfen mir vor, ein „Schmarotzer“ zu sein. Dabei lebt der Großteil unserer Gesellschaft auf Kosten anderer. Die, die eine Jacke kaufen, die unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wurde. Oder die die Hälfte ihrer Lebensmittel wegschmeißen, während anderswo nicht genug zum Überleben da ist. Würden alle Menschen so leben wie wir in Europa, bräuchten wir mindestens drei weitere Planeten.
Also alles umsonst? Eingeknickt vor der Konsumgesellschaft? Das mag man so sehen – ich selbst jedoch teile diese Meinung nicht. Denn auch wenn ich mittlerweile wieder ein Öko-Konto besitze, so ist es doch meine Entscheidung, was ich mit dem Geld anstelle. Und sicherlich kann ich nun wieder Lebensmittel kaufen, aber ich rette immer noch lieber Unverkäufliches vor der Zerstörung. Und wenn, dann liegt es in meiner Hand, ob ich den Supermarktgiganten oder einen Biobetrieb unterstütze. In den fünf Jahren meines Geldstreiks habe ich gelernt: Es geht auch ohne Geld. Zum Leben brauche ich nicht viel. Wenn jeder von uns bewusster konsumiert, können wir viel verändern. Und ich weiß – damit bin ich nicht allein.
2010 trat ich in den Geldstreik. Ich entsagte jedem Zahlungsmittel: kein Portemonnaie, kein Bankkonto, keine Kreditkarte. Ich wollte ein Zeichen setzen gegen die Überflussgesellschaft und demonstrieren, wie viel möglich ist – selbst wenn man auf das verzichtet, was scheinbar in unserer Gesellschaft unverzichtbar geworden ist: Geld und Konsum. Das Essen für mich, meine Frau und unsere gemeinsame Tochter besorgte ich nachts aus den Mülltonnen von Bio-Lebensmittelläden, wo massenweise Nahrung weggeschmissen wird, die eigentlich noch bestens zum Verzehr geeignet ist. Nach acht Monaten containern in Berlin habe ich die LebensmittelretterInnen-Bewegung gestartet und die foodsharing.de-Plattform mitinitiiert. Mein Ziel: Lebensmittel zu retten, die die Tafeln nicht abholen und die Kunden nicht mehr kaufen, damit sie doch noch gegessen werden. Das Teilen von zu viel oder falsch Eingekauftem ist mit foodsharing ebenfalls möglich.
Wir haben zu viel, zu viele haben zu wenig
Gewohnt haben wir in leer stehenden Zimmern in verschiedenen Wohnungen – umsonst. Die Menschen unterstützen uns und meine Vision und wollten ihren Teil an die Gesellschaft zurückgeben – so wie ich etwas beitragen und für das Thema Konsum sensibilisieren wollte. Wir haben jede Menge Ressourcen, die nicht ausreichend genutzt werden, warum also nicht teilen und somit den unsinnigen Überfluss minimieren? Fast eine Milliarde Menschen leiden täglich an Hunger. Wir produzieren aber Lebensmittel, die für 14 Milliarden statt sieben Milliarden Menschen auf der Erde reichen würden.Einige Menschen warfen mir vor, ein „Schmarotzer“ zu sein. Dabei lebt der Großteil unserer Gesellschaft auf Kosten anderer. Die, die eine Jacke kaufen, die unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wurde. Oder die die Hälfte ihrer Lebensmittel wegschmeißen, während anderswo nicht genug zum Überleben da ist. Würden alle Menschen so leben wie wir in Europa, bräuchten wir mindestens drei weitere Planeten.
Als Konsument in der Verantwortung
In den fünf Jahren meines Geldverzichts habe ich einiges erreicht, viel Zustimmung und manchmal auch Kritik erfahren. Ich habe gelernt, dass sich Menschen von der Idee begeistern lassen, die Spirale des Wachstums nicht bedingungslos mitzumachen. Aber auch, dass es Grenzen gibt. Ich bin heute Vater von zwei Kindern, kein einsamer Nomade mehr. Ich trage Verantwortung und muss dieser gerecht werden können. Deshalb habe ich mich – und das fiel mir nicht leicht – entschlossen, meinen rigorosen Streik aufzugeben. Ich engagiere mich weiterhin bedingungslos, nehme aber mittlerweile Beträge für Vorträge an, um mich weiter geldunabhängig für Projekte einsetzen zu können.Also alles umsonst? Eingeknickt vor der Konsumgesellschaft? Das mag man so sehen – ich selbst jedoch teile diese Meinung nicht. Denn auch wenn ich mittlerweile wieder ein Öko-Konto besitze, so ist es doch meine Entscheidung, was ich mit dem Geld anstelle. Und sicherlich kann ich nun wieder Lebensmittel kaufen, aber ich rette immer noch lieber Unverkäufliches vor der Zerstörung. Und wenn, dann liegt es in meiner Hand, ob ich den Supermarktgiganten oder einen Biobetrieb unterstütze. In den fünf Jahren meines Geldstreiks habe ich gelernt: Es geht auch ohne Geld. Zum Leben brauche ich nicht viel. Wenn jeder von uns bewusster konsumiert, können wir viel verändern. Und ich weiß – damit bin ich nicht allein.
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